Mühlacker. „Mühlacker ist stolz und dankbar, eine so großartige Mutmacherin und mutige Gestalterin in der Stadt zu haben“, hat Elsbeth Rommel ihre Laudatio anlässlich der diesjährigen Bürgerpreisverleihung zusammengefasst. Gewürdigt wurde am Donnerstagabend im Jugendhaus ProZwo Christiane Bastian-Engelbert für ihr vielfältiges Engagement in der Flüchtlingshilfe, dem Historisch-Archäologischen Verein, der interkulturellen Verständigung sowie der Verlegung von Stolpersteinen.
Doch von vorne: Christiane Bastian-Engelbert ist als Tochter eines Archivars in jungen Jahren viel umgezogen. Daher kannte sie es, „die Fremde“ zu sein. Bis sie in Mühlacker heimisch wurde, wo sie sich, als ihre Kinder alt genug für den Kindergarten waren, niedergelassen hatte. „Mama, wir haben seit heute zwei Ausländer bei uns im Kindergarten“, war der ausschlaggebende Satz ihrer Kinder, der sie zum Engagement in der Flüchtlingshilfe brachte. Damals noch ganz klassisch per Brief und Telefon. 1984 war sie Gründungsmitglied des Arbeitskreises für Asylsuchende in Mühlacker. „Die Betreuung der Geflüchteten fordert extrem viel Zeit“, so Bürgerstiftungsvorständin Elsbeth Rommel in ihrer Laudatio, „und wirkliche Erfolge waren aufgrund der Bürokratie nur mühsam zu erreichen.“ Hinzu kam vor wenigen Jahren die Gründung der Interkulturellen Theatergruppe sowie das Engagement für das Anlegen eines muslimischen Grabfelds auf dem St.Peter-Friedhof, beides Projekte, bei denen sie mit Hasan Özer zusammengearbeitet hat. Auch für die Stelle einer Integrationsbeauftragten hat sich Bastian-Engelbert starkgemacht.
1994 wurde die Preisträgerin zudem in den Gemeinderat gewählt, gründete mit Gleichgesinnten die Liste Mensch und Umwelt (LMU) und blieb dem Gremium bis 2009 erhalten. „Durch die Arbeit im Gemeinderat war Christiane Bastian-Engelbert hier in Mühlacker angekommen“, so Rommel. Als Gründungsmitglied 1999 und seit 2012 als Vorsitzende hat sie auch beim HAV Mühlacker stets viel Verantwortung übernommen und einige Dokumentationen herausgebracht. Zwischen 2009 und 2018 wurden auf ihr Bestreben hin zudem 21 Stolpersteine in Mühlacker verlegt, die an Opfer der Nazis erinnern.
Aktuell arbeitet Christiane Bastian-Engelbert an einem Film über Fritzmartin Ascher. „Ich habe kein Projekt alleine gemacht“, sagte sie in ihrer Rede nach der Preisverleihung, die mit einem langanhaltenden Applaus einherging. „Es handelt sich um 40 Jahre, in dieser Zeit ist gesellschaftlich und politisch viel passiert“, so Christiane Bastian-Engelbert. Mit Blick auf ihr vielfältiges Engagement erklärte sie, dass sich „bis heute eines zum anderen logisch wie eine Schnur“ entwickelt habe. Als junge Mutter sei es ihr nicht möglich gewesen zu arbeiten, weil ihr Mann Dr. Johannes Bastian als Mediziner ein – wie sie süffisant anmerkte – „familienfeindliches Berufsbild“ pflegte.
In seiner Begrüßung ging Oberbürgermeister Frank Schneider mit Blick auf die Preisträgerin, aber noch ohne Namensnennung, auf die besondere Bedeutung ehrenamtlichen Engagements in der Flüchtlingshilfe ein. Die große, europaweite Solidarität mit den Flüchtlingen aus der Ukraine, die vor dem Angriffskrieg Russlands fliehen, bezeichnete er als „eindrucksvoll und hoffnungsvoll“.
Umrahmt wurde der Abend von drei Schülerinnen der Musikschule Gutmann, nämlich Anne Haumacher, Fenja Leeflang und Sarah Schneider.
(Mühlacker Tagblatt vom 20.05.2022, Text: Ramona Deeg, Fotos: Tilo Keller)