Zum sechsten Mal belohnt die Bürgerstiftung Mühlacker „stille Helden“, und in diesem Fall geht die Auszeichnung – sozusagen nachträglich – an ein fleißiges Küchen- und Bewirtungsteam.
Mühlacker. Geehrt mit dem Bürgerpreis 2016 werden die Helferinnen in Lomersheim, die fast 25 Jahre lang 14-tägig einen Mittagstisch angeboten hatten, um Menschen aus der Vereinsamung zu holen.
Wie berichtet, hatten die „Lomersheimer Frauen“ – so die offizielle Bezeichnung der Preisträgerinnen beim Empfang am Freitagabend im Jugendhaus ProZwo – zwischen dem 4. September 1991 und dem
4. Mai 2016 exakt 500-mal aufgetischt, bevor sie zum runden Jubiläum ihr Engagement aus Altersgründen beendeten. In diesem Vierteljahrhundert leisteten Claudia Bergmann, Martha Ebert, Annelore Haug, Ursula Luipold, Brigitte Rheinwald, Christa Schiffner und Anne Schiller, die mit Ausnahme der Ferienzeit jeden zweiten Mittwoch von 8.30 Uhr bis 16.30 Uhr im Einsatz waren, jeweils 3500 ehrenamtliche Arbeitsstunden. „Eigennutz ist unseren Preisträgern fremd. Sich einer Sache selbstlos anzunehmen, prägt die Arbeit unserer Preisträger“, sagte in seiner Laudatio Wolf-Dieter Fuchslocher, Vorstandsmitglied der Bürgerstiftung.
Mit ihrer Idee, durch ein gemeinsames Mittagessen im evangelischen Gemeindehaus eine Möglichkeit der Begegnung anzubieten, haben die Helferinnen nach Meinung von Vorstand und Stiftungsrat exakt den Gedanken des Bürgerpreises mit Leben erfüllt, mit dem die Stiftung seit 2011 einen „freiwilligen und selbstlosen Einsatz für das Gemeinwohl“ honoriert. „Dabei sind wir stetig auf der Suche nach Menschen, die sich nicht für Helden halten und sich dafür feiern lassen“, erinnerte Wolf-Dieter Fuchslocher an den Ansatz, insbesondere jene Mitglieder der „Bürgergesellschaft“ zu belohnen, die in aller Stille und Bescheidenheit anpacken.
Wie die Lomersheimer Frauen, die ursprünglich vor allem ältere Menschen aus der Vereinsamung holen und an einen Tisch bringen wollten. Aus den ursprünglich 20 Gästen waren zuletzt rund 80 Teilnehmer am Mittagstisch geworden, die zum Pauschalpreis von vier Euro in den Genuss von Gesellschaft und eines gesunden, selbst zubereiteten Menüs kamen. „Aus der ursprünglichen Idee hat sich ein ,Mehrgenerationentisch‘ entwickelt“, beschrieb Wolf-Dieter Fuchslocher die Atmosphäre. „So haben die Älteren erfahren, was die Jüngeren bewegt und umgekehrt.“ Die Helferinnen hätten gekocht, bewirtet, abgeräumt und geputzt und dabei immer ein offenes Ohr für die Gäste und ihre Sorgen und Nöte bewiesen, während sie jegliche Überschüsse, die trotz des sozialen Preises aufgelaufen seien, wiederum in die Ausstattung der Küche investiert oder für die Gemeindearbeit gespendet hätten.
Die Preisträgerinnen hätten sich um Unterstützung beim Einkauf bemüht und Anbieter gefunden, die bereit gewesen seien, ihre Lebensmittel unter Marktpreis abzugeben, schilderte Fuchslocher die Entwicklung des Lomersheimer Projekts, das sich bis zum Finale Anfang des Monats als „kleines Unternehmen“ etabliert habe – mit einer Besonderheit: „Nicht der wirtschaftliche Erfolg stand im Mittelpunkt, sondern etwas völlig anderes“, wie Wolf-Dieter Fuchslocher unterstrich, „nämlich den Menschen, die hier zusammengekommen sind, etwas zu geben, was manch einer zu Hause nicht hat: Gesellschaft um einen herum sowie Zuspruch und Geborgenheit, sei es auch nur für wenige Stunden.“
Die Bescheidenheit der Preisträgerinnen – bei der Feierstunde im Jugendhaus fehlte Claudia Bergmann – zeigte sich auch in den kurzen Dankesworten, die Brigitte Rheinwald im Namen der „Lomersheimer Frauen“ an die knapp 100 Gäste richtete. „Total überrascht“ seien sie gewesen, dass die Wahl für den Bürgerpreis auf sie gefallen sei, sagte Rheinwald, als die Ehrennadel samt Urkunde und die Blumensträuße übergeben waren. „Es war uns nicht bewusst, dass die Lomersheimer Küchentätigkeit so in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.“ Den Fokus auf das Ehrenamt zu richten, sei eines der Ziele des Bürgerpreises, wie Oberbürgermeister Frank Schneider in seinem Grußwort hervorhob. Die stillen Helfer seien wichtig für die Stadt und die Stadtteile, dankte der Rathauschef allen Mühlacker Freiwilligen.
Neben einigen Stadträten, darunter die Landtagsabgeordnete Stefanie Seemann, gehörten beim Empfang auch ehemalige Preisträger zu den Gästen im neuen Jugendhaus, das nach fünf Veranstaltungen in der Kelter bewusst als Schauplatz ausgewählt worden war, nachdem 2013 der Jugendrat des ProZwo den Bürgerpreis erhalten hatte. Umrahmt wurde die Feierstunde, die vom Vorsitzenden des Stiftungsrats, Jochen Sämann, eröffnet worden war und mit einem Stehempfang bei Pizza und Flammkuchen – gespendet von Dürrmenzbäcker Hans-Dieter Slobodkin – ausklang, von jungen Musikern der Musikschule Gutmann. Außerdem gaben Darsteller der interkulturellen Theatergruppe „Bühnenreif“ eine kurze Kostprobe ihres neuen Stückes „Mord in Queen’s Garden“, einer Krimikomödie, die am 9. und 10. Juli im Uhlandbau aufgeführt wird.
(Mühlacker Tagblatt vom 14.05.2016, Text: Thomas Eier, Foto: Fotomoment)