Verleihung des Bürgerpreises 2014

Bürgerpreis für „Tante Erika“

Eine ehrenamtliche Institution in Mühlacker: Langjährige Stadträtin erhält Auszeichnung der Bürgerstiftung

Ehrung für Erika Gerlach (Mitte): Neben OB Frank Schneider (li.) gratulieren die Vorstandsmitglieder der Bürgerstiftung, Wolf-Dieter Fuchslocher (re.), Ulf van Luijk und Ursula Schaier. Foto: Fotomoment
Ehrung für Erika Gerlach (Mitte): Neben OB Frank Schneider (li.) gratulieren die Vorstandsmitglieder der Bürgerstiftung, Wolf-Dieter Fuchslocher (re.), Ulf van Luijk und Ursula Schaier. Foto: Fotomoment

Nach dem Bundesverdienstkreuz nun der Bürgerpreis: Auch die größte Bescheidenheit kann auf Dauer nicht vor Auszeichnungen schützen. Mit der langjährigen Stadträtin Erika Gerlach hat die Bürgerstiftung Mühlacker am Abend eine ehrenamtliche Institution geehrt, die der Vorstellung einer „stillen Heldin des Alltags“ perfekt entspricht.

Mühlacker. Im Berufsleben ging es weniger ruhig zu, war doch Erika Gerlach in ihren Anfangszeiten als Erzieherin mit einer 14-jährigen Helferin für bis zu 73 Kinder zuständig, wie Wolf-Dieter Fuchslocher, Vorstandsmitglied der Bürgerstiftung, in seiner Laudatio erinnerte. Doch kaum hatte sich die frühere Leiterin des Paulus-Kindergartens – bis heute von vielen liebevoll/respektvoll „Tante Erika“ genannt – in den Ruhestand verabschiedet, suchte sie sich neue Schützlinge. Seit Jahren kümmert sich die 76-Jährige um die Bewohner der beiden Mühlacker Seniorenzentren, arbeitet im Heimbeirat mit, organisiert Spielenachmittage, Kochtage und andere gemeinsame Unternehmungen, gratuliert älteren Einwohnern der Stadt, die oft niemanden mehr haben, zum Geburtstag, versprüht Menschlichkeit und Wärme genau dort, wo sie gebraucht werden.

Im Engagement der – mit Verlaub – Seniorin für Senioren zeigt sich die besondere Charaktereigenschaft der Preisträgerin, die, wie Wolf-Dieter Fuchslocher beim Empfang in der Kelter vor rund 60 geladenen Gästen, Freunden und Weggefährten sagte, bereit sei, ihr letztes Hemd zu geben, aber nie viel Aufhebens darum macht.

Die Rolle als Stadträtin – Ende Mai scheidet das CDU-Mitglied nach über 40 Jahren im Gemeinderat aus – war für Erika Gerlach nur eines von vielen ehrenamtlichen Betätigungsfeldern, die sich bevorzugt um Menschen auf der Schattenseite drehen wie behinderte und benachteiligte Kinder, Alte und Kranke, Opfer und Täter. OB-Stellvertreterin und langjährige Kreisrätin, Mitglied in verschiedenen Ausschüssen, Schöffin beim Amtsgericht Maulbronn und ehrenamtliche Richterin am Verwaltungsgericht Karlsruhe, Mitglied in der Organisation „Weißer Ring“, die sich um Opfer von Verbrechen kümmert, aber auch vier Jahre lang Mitglied im Anstaltsbeirat der Justizvollzugsanstalt Heimsheim: Die verschiedenen Ämter und Funktionen waren und sind für eine bekanntermaßen sehr bescheidene Persönlichkeit nur Mittel zum Zweck, die Welt ein wenig menschlicher zu machen. Oder wie es Wolf-Dieter Fuchslocher im Namen der Bürgerstiftung formulierte: „Sie haben nicht nur ein Lebensmotto, nämlich da zu sein, wo Sie gebraucht werden, egal wo, sondern Sie leben auch danach. Tag für Tag.“

Kronenkreuz in Gold der Diakonie, Bundesverdienstkreuz 1998, erst im Januar die silberne Ehrennadel Politik der Stadt Mühlacker und nun der Bürgerpreis der Bürgerstiftung: Vor öffentlicher Anerkennung bleibt Erika Gerlach nicht verschont, dennoch sei ihr wichtigster Ansporn, wie Fuchslocher feststellte, immer die Dankbarkeit der Menschen, die häufig nur einen guten und geduldigen Zuhörer bräuchten. Allein im Mai stünden 16 Besuche bei älteren Jubilaren an, und nicht selten würden die Treffen mit der Frage beginnen: Warum kommen Sie? Ich kenne Sie nicht.

Zum vierten Mal würdigte die Bürgerstiftung, für deren Arbeit sich Oberbürgermeister Frank Schneider bedankte, eine besondere Leistung auf dem Gebiet des bürgerschaftlichen Engagements, und die Preisträgerin, die mit vier Geschwistern in Mühlacker aufwuchs und ihrer Heimatstadt treu blieb, zähle zu den Menschen, die mithelfen würden, die Lebensqualität und Liebenswürdigkeit der Stadt zu sichern und zu fördern, wie Fuchslocher betonte. Auf Ausgleich bedacht und von christlichen Werten geprägt, habe Gerlach, die als eine Initiatorin der Mühlacker Kontakte zum thüringischen Schmölln gilt, nicht nur in der Kommunalpolitik die Prinzipien Toleranz, Offenheit und Wertschätzung gegenüber anderen vorgelebt. Als enttäuschend erlebe sie nur, zitierte Fuchslocher aus seinen Gesprächen mit der Preisträgerin, wenn sie mit Unehrlichkeit konfrontiert werde. Von ihrem Weg könne sie das nicht abbringen.

Die vierte Trägerin des Bürgerpreises der Bürgerstiftung – zuvor waren Siegfried Seiter, die 2012 verstorbene Marga Kucher und der Jugendrat des Jugendhauses ProZwo ausgezeichnet worden – bedankte sich bei dem von Musikschülern der Musikschule Gutmann umrahmten Empfang sichtlich gerührt für die Auszeichnung in Form von Ehrennadel und Urkunde und versprach, sich weiterhin zu engagieren, so weit es die Gesundheit zulasse: „Das ist eine Motivation zum Weitermachen.“

Das mit der Auszeichnung verbundene Preisgeld von 500 Euro, das in einen sozialen Zweck fließen soll, will Erika Gerlach für ein „Bürger-Parkbänkchen“ spenden: „Da haben alle etwas davon.“


„Es freut mich außerordentlich, dass dieses Jahr der Preis an eine verdiente Ehrenamtliche geht, die auch mir persönlich eine zuverlässige Hilfe war und ist.“
Oberbürgermeister Frank Schneider

„Sie machen sich keine Gedanken darüber, dass es vielleicht allmählich an der Zeit wäre, den Ruhestand zu genießen und jetzt einmal an sich selbst zu denken.“
Wolf-Dieter Fuchslocher, Vorstandsmitglied der Bürgerstiftung und Laudator

„Als ich die Einladung zur Preisverleihung erhielt, hat mich das ziemlich überrascht, fast ein wenig verlegen gemacht.“
Erika Gerlach, Trägerin des Bürgerpreises der Bürgerstiftung Mühlacker

(Mühlacker Tagblatt vom 09.05.2014, Text: Thomas Eier, Foto: Fotomoment)